Der Kanzlerkandidat der Union denkt bei der Pflegeversicherung nicht sehr weit, findet unser Pflege-Referent Thorsten Mittag. Ein Kommentar.

Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hält in Medienauftritten am Wochenende an der Teilkasko-Logik der Pflegeversicherung fest und weist eine Vollversicherung mit Verweis auf vermeintlich hohe Kosten zurück. Statt einer solidarischen Finanzierung schlägt er eine private Pflegezusatzversicherung vor – ein Modell, das den Risiken der Kapitalmärkte (Inflation und Kursverlusten etc.) ausgesetzt ist und überwiegend für mittlere und gehobene Einkommensgruppen infrage kommt.

Auch eine verpflichtende Zusatzversicherung, die zur Begrenzung der pflegebedingten Kosten alle einbezieht, wäre gerade für untere Einkommensgruppen immer noch vergleichsweise teuer – wie uns das Gutachten des „Expertenrat Pflegefinanzen“ der PKV (2023) zeigt. Und wie soll eine Zusatzversicherung eigentlich jetzt und hier die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger lösen? Damit ignoriert Merz die Realität von Millionen pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen, die bereits jetzt unter hohen Eigenanteilen leiden (bspw. im Pflegeheim) oder die in der Häuslichkeit im Prinzip kostenbedingt unterversorgt sind. Sein Verweis auf die harte Arbeit im Gesundheitswesen bleibt folgenlos, solange er keine strukturellen Reformen anstrebt. Notwendig wäre eine solidarische Vollversicherung, die – richtig ausgestaltet – nicht nur finanzierbar, sondern auch kosteneffizienter als ein Flickenteppich aus privaten Zusatzversicherungen wäre.

Eine solche Lösung könnte die finanzielle Belastung für Pflegebedürftige deutlich senken und insbesondere auch die Situation in der häuslichen Pflege spürbar verbessern. Wer Kanzler werden will, kann diese zentrale gesellschaftliche Herausforderung nicht mit überholten Konzepten aussitzen.

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