Derzeit wird die Neue Wohngemeinnützigkeit diskutiert, doch was ist das eigentlich und wie ist das Projekt einzuordnen?

Was ist die Neue Wohngemeinnützigkeit?

Es gibt nicht ein, sondern verschiedene Konzepte zur Neuen Wohngemeinnützigkeit. Im Kern basieren aber die meisten Konzepte darauf, dass Wohnungsunternehmen und/ oder gemeinnützige Organisationen von Steuern befreit werden, wenn sie nach gemeinnützigen Regeln wirtschaften. Diese Unternehmen sollen neu gegründet, ausgegliedert oder aus gemeinnützigen Einrichtungen bestehen. Durch staatliche Förderungen sollen Akteure der Neuen Wohngemeinnützigkeit Wohnungen neu bauen oder Bestand erwerben, um sie dauerhaft zu preisgedämpften Mieten, d.h. Mieten mit einem Zinssatz unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete insbesondere an Menschen zu vergeben, die auf dem freien Wohnungsmarkt schlechte Chancen haben.  

Warum soll sie kommen?

Die Neue Wohngemeinnützigkeit ist notwendig als Reaktion auf gravierende Fehlsteuerungen des Marktes bei der Wohnraumversorgung, auf einen dramatischen - und insbesondere Ballungszentren betreffenden - Mangel an bezahlbaren Wohnraum und dem zunehmenden Wegfall der Sozialbindungen. Von den im Jahr 1990 noch knapp 3 Millionen preisgünstigen Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus sind derzeit nur noch etwas mehr als eine Millionen übrig. Öffentlich geförderte Sozialwohnungen fallen meistens nach 12 bis 20 Jahren aus der Zweckbindung und werden dann zu den üblichen Marktpreisen vermietet. Deshalb sinkt die Zahl der Sozialwohnungen Jahr für Jahr.

So sind immer mehr Menschen und Haushalte sind mit Wohnkosten überlastet, steigende und unbezahlbare Mieten führen zu Verdrängung aus dem eigenen Zuhause und der gewohnten Nachbarschaft, sie zerstören Existenzen und gefährden den sozialen Zusammenhalt. Zudem sind auch soziale und gesundheitliche Einrichtungen von steigenden Gewerbemieten betroffen, sodass es immer schwerer wird eine wohnraumnahe Versorgung der Daseinsvorsorge zu gewährleisten.

Entwicklungen am Wohnungsmarkt haben zuletzt immer mehr zu der Einsicht geführt, dass ein gemeinnütziger Sektor geschaffen werden muss, der nicht dem Rendite-Ziel folgt, sondern dauerhaft bezahlbare Mieten in den Fokus stellt und anstelle von Profitmaximierung, Überschüsse in den Neubau, den Ankauf sowie die Modernisierung von Wohnraum investiert. Ein Zuwachs an bezahlbaren Wohnungen würden zudem auf dem Markt zu einer Dämpfung des generellen Mietpreisniveaus beitragen.

Aus Sicht des Paritätischen ist die NWG in zweierlei Hinsicht wichtig. Zum einen braucht es dringend mehr bezahlbaren Wohnraum für Mieter*innen und zum anderen wollen sich auch gemeinnützige Träger in der sozialen Vermietung von Wohnraum unterhalb des Marktpreises engagieren. Ohne das Instrument der Wohngemeinnützigkeit sind sie rechtlich daran gehindert, denn die Vermietung ist bisher nicht als gemeinnütziger Satzungszweck anerkannt.

Warum wird das Thema Wohnen immer mehr zu einer zentralen sozialen Frage?

Die Entwicklungen der Wohnungskosten sind Veränderungen der Bedingungen an den Wohnungsmärkten seit den 1980er Jahren geschuldet. Enorme Wohnungsbestände wurden privatisiert, massiv gestiegene Verkaufspreise für Boden haben zu einem höherem Verwertungsdruck in der späteren Nutzung geführt und lassen beispielsweise Kitas, bezahlbare Mieten oder den Sozialwohnungsbau als äußerst „unrentable“ erscheinen. Immobilien wurden immer mehr zu einer hohe Renditen versprechenden Investition, gerade in Anbetracht geringer Zinsen. Zudem gerieten öffentliche und gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen ins Hintertreffen. Die frühere Wohngemeinnützigkeit haben CDU/CSU und FDP 1990 abgeschafft. Anders übrigens als etwa in Österreich, wo sie bis heute ein Erfolgsmodell ist, wie exemplarisch die Stadt Wien zeigt.


Am 14.6. hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ein Eckpunktepapier zur Einführung einer Neuen Wohngemeinnützigkeit (NWG) vorgelegt. Die Einführung der NWG ist notwendig, um Gemeinnützigkeit im Wohnungssektor wiederaufzubauen und damit auf gravierende Fehlsteuerungen des Marktes bei der Wohnraumversorgung, dem Mangel an bezahlbaren Wohnraum und dem zunehmenden Wegfall der Sozialbindungen zu reagieren. Die vorgelegten Eckpunkte offenbaren jedoch noch große inhaltliche und finanzielle Unsicherheiten.

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Portrait von Greta Schabram

Greta Schabram

Greta Schabram ist Referentin für Wohnen sowie Sozialforschung und Statistik beim Paritätischen Gesamtverband.

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