Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrt waren mit einem Messestand sowie einem vielfältigen Programm auf der Digitalmesse re:publica 2024 vertreten. Gemeinsam mit den Digitalisierungsprojekten von DRK, Caritas, ZWST, Diakonie und AWO hat das Projekt #GleichImNetz des Paritätischen Gesamtverbands seine Arbeit in der digitalen Transformation präsentiert und digitalpolitische Zukunftsfragen diskutiert. Auch Kolleg*innen aus anderen Fachkreisen und Paritätischen Mitgliedsorganisationen haben ihre Projekte vorgestellt.
Die re:publica ist Deutschlands größte Konferenz zur digitalen Gesellschaft und zieht jährlich bis zu 30.000 Besucher*innen nach Berlin. Unter dem diesjährigen Motto "Who Cares?" wurden im Mai 2024 digitale Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen diskutiert. Die Digitalisierungsprojekte der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrt haben sich in diesem Jahr gemeinsam mit einem Messestand sowie einem vielfältigen Programm auf der Konferenz eingebracht. Auch Kolleg*innen aus anderen Fachkreisen und Paritätischen Mitgliedsorganisationen konnten ihre Projekte vorstellen und den Gästen einen Einblick in die Vorhaben sozialer und pflegerischer Wirkungsfelder geben.
Als Digitalisierungsreferent*innen von DRK, Caritas, ZWST, Diakonie, AWO und dem Projekt #GleichImNetz des Paritätischen Gesamtverbands gestalten wir aktiv die digitale Zukunft unserer Gesellschaft, schaffen digitale Kompetenzen, fördern digitale Teilhabe und kümmern uns um Fragen zu Datenstrategie und künstlicher Intelligenz. In zahlreichen Gesprächen und mehreren Vorträgen konnten wir von unserer Arbeit berichten. Von besonderem Interesse war dabei die Frage, wie Lösungen künstlicher Intelligenz in Bereichen der sozialen Arbeit und Pflege Unterstützung bringen können.
Armutsbetroffen und digital ausgegrenzt - Strategien für eine inklusive Digitalisierung
In einer zunehmend digitalisierten Welt sind digitale Fähigkeiten nicht nur ein Vorteil, sondern eine Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Doch für 15 Prozent unserer Bevölkerung, insbesondere armutsbetroffene Menschen, bleibt der Zugang zur digitalen Welt eine Herausforderung. Wer aufgrund mangelnder technischer Ausstattung oder Kompetenz nicht digital kommunizieren kann, wird in Politik, Wirtschaft und Verwaltung häufig übersehen.
Am re:publica-Mittwoch haben wir uns mit der Moderatorin Teresa Sickert und einem spannenden Podium aus der armutserfahrenen Ehrenamtlichen Ursula Birkner (AWO Börgerhus), der Sozialpädagogin Kathrin Krug (AWO Börgerhus) und Dr. Ulrich Schneider (Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes) gefragt, wie eine inklusive Digitalisierung aussehen kann. Die beiden Frauen aus dem Quartierszentrum AWO Rostock Groß-Klein arbeiten mit Menschen zusammen, die digital ausgegrenzt sind, weil sie sich keine oder nur zu alte Geräte leisten können, keinen Internetzugang haben oder, weil sie nicht über die digitale Kompetenz verfügen, sich mit ihrem Gerät, den nötigsten Funktionen oder mit der Kommunikation nach außen zurechtzufinden. Für die Maßnahmen innerhalb des Projekts DigiTeilhabe vor Ort raten Kathrin und Ursula viel Zeit einzuplanen und sich in einem sicheren Raum den spezifischen Anliegen ganz konkret zu widmen. Denn in der Beratung und Hilfe geht es oft auch darum, den Menschen die anfänglichen Ängste zu nehmen und sich gemeinsam über das Smartphone zu beugen.
Die zeitintensive, individuelle Betreuung stößt dabei leider auf den Umstand immer knapper werdender personeller Ressourcen in den Einrichtungen der Wohlfahrt. Kathrin plädiert deswegen für ein flächendeckendes, dauerhaftes Unterstützungsangebot, das auf Begegnung basiert. Nur so kann auch die Vermittlung digitaler Kompetenzen gelingen.
Dr. Ulrich Schneider, bestätigt dies: Eine funktionierende Gemeinwesenarbeit wurde stark reduziert, und besonders Angebote zur digitalen Teilhabe werden nicht finanziert. Er betont, dass digitale Lösungen das Leben nicht automatisch erleichtern und dass die öffentliche Verwaltung Menschen nicht durch Digitalisierung ausschließen darf. Analoge Alternativen zu digitalen Verwaltungsleistungen müssen weiterhin verfügbar sein, da Formulare oft eher den Anforderungen der Verwaltung als den Bedürfnissen der Menschen entsprechen. Daher sei es notwendig, den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Verwaltungsarbeit zu stellen.
Das Format wurde von den Digitalisierungsprojekten der Wohlfahrtsverbände AWO, Caritas, DRK und dem Paritätischen Gesamtverband organisiert.
We care about ... Queer! Virtual Pride mit LSVD, ASB und Paritätischem Gesamtverband
Anlässlich der Pride Season gestalten LSVD, ASB und der Paritätische seit 2021 alljährlich ein Online-Projekt Boulevard Bunt, das queeres Leben virtuell sichtbar macht. Hierzu zählen eine Virtual Pride Parade (2021), die Villa Vielfalt (2022) und ein buntes Quartier (2023).
ASB und LSVD sind Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Gesamtverbands, der einer der sechs Spitzenverbände der Wohlfahrt in Deutschland ist. Der Verband steht für Vielfalt, Respekt und Offenheit. Gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen engagiert sich der Paritätische an der Seite der Menschen, die sich für die Gleichberechtigung von queeren Menschen einsetzen. Als erster Wohlfahrtsverband hat der Paritätische 2021 Eckpunkte zum menschenrechtlichen Schutz sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität vorgelegt. Der Paritätische engagiert sich aktiv im Aktionsplan Queer der Bundesregierung sowie gegen diskriminierende Bezüge im Kampf gegen Rechts.
Ein virtueller Spaziergang durchs www.boulevard-bunt.de
Der ASB auf der re:publica 24!: Mehr Zeit für Bewohner*innen - Wie digitale Spracheingabe Pflegekräfte entlastet.
Wir stehen vor einer spannenden Frage: Wie können wir technologische Fortschritte nutzen, um die persönliche Betreuung älterer und pflegebedürftiger Menschen zu verbessern, ohne dabei den menschlichen Kontakt zu vernachlässigen?
Ruven Börger von unserer Mitgliedsorganisation ASB Deutschland berichtete von dem Modellprojekt, das es Pflegekräften ermöglicht, ohne Zeitverlust und Schreibhürden wichtige Informationen zu dokumentieren und so mehr Zeit für persönliche Betreuung zu gewinnen. Per Spracheingabe kann die Pflegedokumentation über eine App gemacht werden, ähnlich wie das Einsprechen einer Sprachnachricht.
Einen Projektbericht zum KI-Vorhaben finden Sie im Paritätischen Digitalmagazin.
Digitale Barrieren abschaffen. Projekte aus unserer Arbeitspraxis
Die Online-Zusammenarbeit verschafft Menschen mit Beeinträchtigungen viele neue Möglichkeiten, aber auch viele neue (digitale) Hürden. Die barrierefreie Zugänglichkeit der meisten Webseiten und Online-Dienste lässt jedoch stark zu wünschen übrig. Jede*r kann zu digitaler Barrierefreiheit beitragen, zudem gibt es viele kreative Umgangsstrategien mit vorhandenen Hürden.
Der Paritätische Gesamtverband und die AWO gaben einen Überblick über typische Barrieren und einfache Tipps für die eigene Arbeit. Dazu stellten sie die Online-Checkliste mit Tipps und Anleitungen, was es beim Planen und Durchführen einer inklusiven Online-Veranstaltung zu beachten gilt. Sowie die große Tagung digital|für alle beim Paritätischen und den Social Hackathon der AWO, mit denen wir Expert*innen in eigener Sache mit Software-Anbietern und Entwickler*innen zusammenbringen, um die digitale Welt zugänglicher zu gestalten.
Podiumsdiskussion der AWO: Die Zukunftsfähigkeit des Sozialstaats
Zwischen Fachkräftemangel, Kürzungsplänen und digitaler Transformation stehen wir vor enormen Herausforderungen. Für einen modernen und resilienten Sozialstaat von morgen braucht es innovative Organisationen und Beschäftigte für die Herausforderungen der digitalen Transformation.
Auf der Podiumsdiskussion mit Saskia Esken (SPD), Marina Weisband (aula), Claudia Mandrysch (AWO Bundesverband) und Josephine Gauselmann (AWO Mönchengladbach) waren sich die Teilnehmerinnen einig, dass der Druck auf den Sozialstaat der gesamten Gesellschaft schadet. Der Sozialstaat ist laut Saskia Esken für alle da und notwendig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Marina Weisband betonte die Bedeutung des Solidaritätsprinzips als Basis der Demokratie. Claudia Mandrysch und Josephine Gauselmann forderten politische Unterstützung und zeigten Potenzial für Anpassungen in der Wohlfahrt auf. Ein Beispiel dafür ist die hierarchielose, selbstorganisierte Arbeitsweise der AWO Mönchengladbach.
Fachtagung Wohlfahrt digital am 8. Oktober 2024
Who cares? We care! Unsere Gesellschaft und die Wohlfahrt steht vor großen Herausforderungen. Globale Krisen, Fachkräftemangel und sinkende Finanzmittel sind nur einige davon. Am 8. Oktober möchten wir über digitale Lösungen für diese Herausforderungen sprechen. Lernen Sie die zahlreichen Vorhaben der Digitalisierungsprojekte der Wohlfahrtsverbände weiter kennenlernen, sich weiterbilden und mit uns diskutieren! Merken Sie sich für die Online-Fachtagung "Wohlfahrt digital" gerne schon für den 8. Oktober vor.