Der Paritätische hat mit dem Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung ein Gutachten vorgelegt, wie pflegebedingte Kosten vollständig von der Versicherung übernommen werden können. Dies stößt auf Kritik der Privaten Krankenversicherungen. Unseren Pflegereferenten Thorsten Mittag veranlasste diese zu einer Replik.

Das Gutachten muss aus Sicht der Privaten Krankenversicherung (PKV) und deren Geschäftsmodell ideologisch und materiell existenzbedrohend wirken. Dabei bezieht sich unser Gutachten „Beitragssatzeffekte einer Pflegebürgervollversicherung“ lediglich auf Fakten sowie belastbare und klar nachvollziehbare Daten. Die PKV sollte sich diesen Fakten stellen und sich nicht hinter Parolen wie „Zerstörung“ und „Versprechen von Wohltaten“ verstecken. Dann würden wir auch in der Sache weiterkommen.

Interessant ist doch, dass die PKV die einzige nachhaltige und generationengerechte Lösung in mehr finanzieller Vorsorge sieht, wie sie in der Privaten Pflegeversicherung „vorgelebt“ und darüber hinaus auch jüngst mit einer (verpflichtenden) privaten „Zusatzversicherung“ immer wieder von der PKV vorgeschlagen wird. Der PKV-„Expertenrat Pflegefinanzen“ hat im April 2023 einen Abschlussbericht vorgelegt (so genanntes Wasem-Gutachten), welches für die vollstationäre Langzeitpflege die Optionen für eine Restkostenabsicherung der pflegebedingten Eigenanteile behandelt (Pflege+ Versicherung). Demnach würde (sofern die Private Zusatzversicherung verpflichtend für alle wäre) ein mtl. Beitrag in Höhe von 39 € anfallen (bei einem Einstieg mit 20 Jahren), der im Laufe des Erwerbslebens auf über 50 € mtl. steigt und ab der Rente wieder auf 20 € fällt. Rentner*innen ausgenommen, würden die Beträge paritätisch von AN und AG finanziert. Dafür könnten bis 90 % der Kosten im Heimbereich abgesichert werden, bei einem Selbstbehalt von weiterhin 10 % (wg. Moral Hazard). Das PKV-Modell ist zudem nicht einkommensabhängig und würde demnach Geringverdiener im höheren Maße treffen. Für den ambulanten Bereich wurden keine Berechnungen vorgelegt.

Wir haben wiederum mit unserem Gutachten gezeigt, dass die Umsetzung einer echten Pflegevollversicherung – nämlich 100 % der Pflegekosten und sogar für beide Bereiche (ambulant und stationär) viel günstiger für alle zu haben ist, wenn die Lasten sozial ausgewogen auf alle Schultern verteilt werden. Konkret hieße das in unserem Modell für Versicherte mit einem Einkommen bis zur derzeitigen Beitragsbemessungsgrenze (2024) monatliche Mehrkosten von weniger als 5 Euro. 

Diesen Unterschied muss die PKV nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch erklären.        

Wir fordern, dass unser Gutachten als Diskussionsvorlage von den Entscheidungsträgern in der Politik und den fachlichen Resorts mit einbezogen wird. Die Vorschläge der PKV zur Pflege+ Versicherung und unsere Vorschläge zur Pflegebürgervollversicherung haben gemein, dass mehr Geld in die Hand genommen werden muss, um der Pflegekrise zu begegnen. Dazu muss ein gesellschaftlicher Konsens her. Wir sind überzeugt davon, dass unser Vorschlag, der dem bewährten Umlagemodell der Sozialversicherung folgt und keinem kapitalgedeckten und somit den Risiken der Kapitalmärkte (Inflation und Kursverlusten etc.) ausgesetzten System, der sozial gerechtere, bedeutend günstigere und vor allem auch alle Bereiche in den Blick nehmende Weg ist.

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